Einweihung Fürstensteig und Dreischwesternweg 1898

Liechtensteiner Volksblatt 8.10.1897:
Vaduz, den 6. Okt. Die Arbeiten an der Erstellung des Weges von Gaflei über die drei Schwestern, die Kuhgratspitze ins Garselle sind nun gänzlich vollendet. Die Arbeiter haben die Höhen gestern verlassen und heute früh wohnten sämmtliche Mann mit dem Unternehmer Herrn Rinaldi in Bregenz zum Danke, dass während der ganzen schwierigen, meistens durch steile Felsen gehenden Arbeit kein einziger Unfall passiert ist, hier der hl. Messe bei. Die feierliche Eröffnung des Weges wird erst nächstes Frühjahr stattfinden, da jetzt die Zeit schon zu weit vorgeschritten. Der Weg soll den Namen «Fürstensteig» erhalten. Auch der Anschlussweg von Garselle bis Frastanz, welchen der deutsch-österreichische Alpenverein zur Ausführung brachte, ist fertig erstellt.

Liechtensteiner Volksblatt 21.1.1898
Als erfreulicher Fortschritt auf dem Gebiete des Verkehrs … Besonders zu nennen ist auch der im vergangenen Herbst fertiggestellte, einzig in seiner Art dastehende Fürstensteig, welcher, die gewaltigen Felsmasses des Gipsberges durchziehend, ein Verbindungsweg zwischen dem Netze der liechtenstein. Alpenstrassen und dem Illthale bildet und ein bedeutender Anziehungspunkt für Touristen und mithin ein Förderer des Fremdenverkehrs in unserm Vaterlande werden wird.

Liechtensteiner Volksblatt 10.6.1898
Vaduz. Die in Feldkirch wohnenden Mitglieder des d. und öst. Alpenvereins (Sektion Vorarlberg) haben, wie wir vernehmen, die Eröffnung des neuen Alpenvereinsweges Drei Schwestern – Gaflei (in welchem auch der sogen. Fürstensteig liegt) auf Sonntag den 3. Juli festgesetzt.

Liechtensteiner Volksblatt 22.7.1898
Vaduz, 20. Juli (Eingesandt). Wenn wir schon seit Wochen des Jammers voll waren über die Ungnade des Wettermachers Petrus, so wurden wir wieder etwas versöhnt, als die letzten Tage der vergangenen Woche der Himmel wieder in vielversprechender Klarheit erstrahlte. Es schien, als ob wir Liechtensteiner für festliche Anlässe das in der Schweiz sprichwörtlich gewordene Züricher Festwetter gepachtet hätten; es sei erinnert an den stets heitern Himmel während der liechtenst. Landesausstellung im Jahre 1895.
Kühn wehten von der Kühgrat- und Garsellaspitze die Flaggen und freundlich begrüssten die Höhenfeuer am Samstag Abend das ganze Rheinthal und luden ein zur feierlichen Eröffnung des neuerbauten Felsensteiges längs des Dreischwesternkammes. Der herrliche Sonntagsmorgen veranlasste uns, dieser Einladung Folge zu leisten und froh gestimmt ging es den wundervollen Waldweg hinauf über das sog. «Wilde Schloss» nach Gaflei. Das hier herrschende muntere Treiben der schon am Morgen zahlreich eingetroffenen Festteilnehmer, das neuerbaute Kurhotel, die elegante Trinkhalle, die sinnig angebrachten Dekorationen machten in dieser Gebirgswelt einen überraschenden Eindruck. Ueber Maseschen, von der Sükka, über Vaduz und über die Dreischwestern her, wohin der Aufstieg teils über Planken, teils von Feldkirch aus unternommen wurde, strömten Besucher jeden Alters und Geschlechts herbei; es haben an diesem Tage weit über tausend Personen Gaflei passiert. Der Hauptanziehungspunkt war der sog. Fürstensteig, über dessen Grossartigkeit nur eine Stimme des Erstaunens herrschte.
Ueber Einladung des Deutschen und Oesterr. Alpenvereins begaben sich die Mitglieder der Sektion Vorarlberg samt einer grossen Anzahl von Festgästen über Amerlügen nach den Dreischwestern zur Eröffnung des neuen Felsenweges.
Herr Fürstl. Cabinetsrat von In der Maur, Herr Forstverwalter Hanel und Herr Ingenieur Schädler waren zur Begrüssung bis zur Kuhgratspitze entgegen gegangen.
Bei dem Festbankette im Kurhaus Gaflei eröffnete den Reigen der Toaste der Fürstl. Landesverweser Herr Cabinetsrat von In der Maur, welcher bei seinem Eintreffen in Gaflei die für ihn und die übrigen Herrn fürstl. Beamten reserviert gewesenen Plätze bereits anderweitig besetzt fand und mit einem der letzten bei dem massenhaften Andrange noch frei gebliebenen Plätze vorlieb nehmen musste, was allgemein auffiel. Die vom Herrn Landesverweser vorgebrachte kurze Begrüssung lautete beiläufig wie folgt:
Gestatten Sie mir, dass sich Sie, meine Damen und meine Herren, namens der Regierung unseres zwar kleinen aber glücklichen und – und wie Sie zugeben werden – auch schönen Landes, hiemit aufrichtig begrüsse; ich verspreche Ihnen zuvörderst, dass ich Ihren guten Humor nicht etwa durch eine lange Rede verderben werde; hier im Angesicht der ewigen Berge, die ihre eigene erhabene Sprache zum Herzen sprechen, erscheint das Menschenwort ja ohnehin so dürftig und so arm! Wir haben uns erlaubt, ein kleinwenig Vorsehung zu spielen, indem wir einen Weg in die Felsen gegraben haben, um es hiedurch zu ermöglichen, der Natur besser in ihr zauberisches Antlitz zu blicken; dieser Blick hat schon heute gar viele erfreut und wird auch, so Gott will, in Zukunft gar manche begeistern und erheben.
Nehmen Sie unsern Dank für Ihr zahlreiches Erscheinen freundlich entgegen; hoffentlich war es nicht das letzte Aufgebot, dem Sie Folge geleistet haben. Ich schliesse, indem ich in den Ruf ausbreche, die her versammelten Mitglieder des deutsch-österreichischen Alpenvereins und des schweizerischen Alpenclubs, sowie die sonst anwesenden alpinen Freunde, sie leben hoch, hoch, hoch!
Der Vorstand der Sektion Vorarlberg des D. u. Oe. Alpenvereins, Herr Hueter aus Bregenz, brachte in längerer, wohlgelungener Rede, in welcher er die Thätigkeit des Alpenvereins um die Erbauung des herrlichen Touristenweges, durch welchen eine dauernde Verbindung zwischen Vorarlberg und Liechtenstein geschaffen wurde, gebührend beleuchtete, ein begeistert aufgenommenes Hoch auf Seine Durchlaucht den regierenden Fürsten Johann II. von Liechtenstein, als den Erbauer des imposanten Felsenweges aus.
Mit den verschiedenen Toasten, unter welchen jener des Vertreters des Centralausschusses des Deutschen u. Oesterr. Alpenvereins, Herr Steinitzer, sowie jener des Hrn. Regierungsrates Dr. Scherrer, Vertreters des schweizerischen Alpenklubs, durch die kernige Sprache besonders angenehm berührte, mischten sich die Accorde der Harmoniemusik Vaduz, welche unter der Leitung ihres Kapellmeisters Sobotka Ausgezeichnetes leistete und wesentlich zum Gelingen des schönen Festes, welches gewiss allen Teilnehmern in freundlicher Erinnerung bleiben wird, beitrug.
Leider wurden die verschiedenen im Freien gehaltenen Reden und Toaste fast nur von den Nächststehenden genau vernommen, denn es mangelte an einer erhöhten Rednerbühne, von welcher aus die verschiedenen Redner sich besser hätten Gehör verschaffen können.
Zum Schlusse kann der Einsender es sich nicht versagen, hervorzuheben, dass wohl auch den fürstlichen Behörden, welche an dem Zustandekommen des grossartigen Bauwerkes mitgewirkt haben und speziell jenen fürstlichen Organen, welche das schwierige Werk projektiert und ausgeführt haben, unter welchen der fürstl. Forstverwalter, Herr Hanel, in erster Linie erwähnt zu werden verdient, besonderer Dank gebührt.

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Einweihung des Dreischwesternweges
(Quelle: Alpina 1899)
Sonntag, den 17. Juli fand die Eröffnung eines neuen Weges statt, welcher um seiner eigenartigen Schönheit willen es verdient, in weiteren Kreisen bekannt zu werden. Östlich vom sanktgallischen Rheinthal, vom Rhein nur durch eine Ebene von einer halben Stunde Breite getrennt, erhebt sich ein Gebirge, das unter dem Namen Dreischwestern allgemein bekannt ist. Gegen das Rheinthal fällt es in steilen Wänden ab, welche bis hoch hinauf mit Wald bekleidet sind. Der Kamm verläuft von Norden nach Süden und kulminiert in 3 Gipfeln, welche sich allerdings nicht sehr stark über die mittlere Kammhöhe erheben. Der nördlichste, gegen Feldkirch zu gelegen, führt den Namen «Dreischwestern» im engern Sinn und erreicht eine Höhe von 2097 Metern. Die absolute Höhe ist somit nicht bedeutend; wenn man aber bedenkt, dass die Meereshöhe des Rheinthales nur etwa 450 Meter beträgt, so lässt sich begreifen, dass der Gebirgsstock auf den Beschauer imponierend wirken kann. Der mittlere Gipfel führt den Namen Garsellakopf, und der südlichste Gipfel, welcher zugleich der höchste ist (2124 m), wird allgemein Kühgratspitz genannt. Bis jetzt wurde nur der nördlichste Gipfel, die Dreischwestern, häufiger besucht, da von Feldkirch her ein bequemer Weg bis auf die Höhe angelegt worden war; aber die höchste Spitze, der Kuhgratspitz erhielt selten Besuch, da eine Besteigung zwar nicht schwierig, aber etwas mühsam sich gestaltete und wegen einer ausnahmsweisen grossen Gegensteigung viel Zeit in Anspruch nahm.
Jetzt da der neue Weg, der sogenannte «Fürstensteig» gebaut ist, werden sich die Verhältnisse ganz anders gestalten; es sollen denn auch diesen Sommer schon Tag für Tag zahlreiche Touristen den neuen Weg begangen haben. Der Reiz der Neuheit mag auch mit im Spiel gewesen sein, aber die Anlage bietet so viel Interessantes, dass ihr eine dauernde Frequenz gesichert ist, zumal da beim südlichen Ausgangspunkt der Route, d. h. im Alpenkurhaus Gaflei (1500 m), eine Touristenstation eingerichtet ist, in welcher sich die Gäste in jeder Beziehung wohl fühlen müssen.
Einer freundlichen Einladung von Bekannten aus dem Fürstentum Liechtenstein folgend machte sich der Berichterstatter Samstag den 16. Juli abends auf den Weg, um gleichen Tags Feldkirch zu erreichen, von wo aus die Festteilnehmer nach den Anordnungen der Sektion Bregenz des D. und Ö. Alpenvereins morgens um 6 Uhr aufbrechen sollten.
Schon am Abend brachen viele nach dem benachbarten Höhen auf, und die ganze Nacht hindurch wanderten kleinere und grössere Scharen durch die Illschlucht dem Ziele zu, um nicht in der Sonnenglut die steilen Abhänge erklimmen zu müssen. Es wehte in der That am Morgen ein frischer Wind durch die enge Schlucht; aber wie man auf das offene Wiesengelände hinaustrat und anfing zu steigen, fühlte man deutlich, dass ein heisser Tag bevorstand. In einer Stunde ist die kleine Ortschaft Amerlügen erreicht und in ebenso viel Zeit auf steilem Zick-Zackweg durch angenehmen Wald das sogenannte Älpli, von welchem der Ausblick nach dem zu Füssen zwischen vier Hügeln eingebetteten Feldkirch recht hübsch ist. Überhaupt wird der Ausblick freier, die Gebirge und Thäler des Vorarlberg, die Kette des Rhätikon, die Bodenseegegend werden immer deutlicher, und wenige Minuten oberhalb dem Älpli führt der Weg, der sich bisher mehr am östlichen Abhang gehalten hatte, unversehens auf die Kammhöhe, auf der man durch den Anblick des tief unten sich ausbreitenden Rheinthals und der darüberliegenden Berggruppen Alvier und Säntis überrascht wird. Hier ist die Gegend, wo im Schwabenkrieg vor der Schlacht bei Frastanz der Urner Heinrich Wolleb eine Schaar Schweizer auf Seitenwegen über den Berg führte, um die daselbst in einem Hinterhalt postierten Österreicher zu überraschen und zu verdrängen. Bald wendet sich der Weg wieder der Seite des schluchtartigen Saminathales zu und erreicht in etwa 2 Stunden vom Älpli weg die Alp Garsellen. Hier wurde vom Bezirke Feldkirch der Sektion Vorarlberg und den Gästen ein Frühstück geboten. Hier fand auch der kirchliche Weiheakt durch den Pater Hopfner aus Feldkirch statt, und der Präsident der Sektion Vorarlberg Hueter aus Bregenz brachte ein Hoch auf den Kaiser von Österreich, in welches die Frastenzer Musikkapelle mit der österreichischen Volkshymne einfiel. Es begann nun die eigentliche Gebirgswanderung, zunächst auf die Dreischwestern, dann auf dem neu angelegten Wege zum Garsellakopf hinüber und wieder hinab zu einem Sattel und dann wieder hinauf zum Kühgratspitz, wo die meisten einen längeren Halt machten, um die Aussicht noch einmal recht geniessen zu können. Bis zum Gafleisattel führt der Weg mehr auf der Seite des Saminathales, dort beginnt dann die interessanteste Strecke, indem der Weg die westlichen, dem Rheinthale zu gelegenen gigantischen Felsen durchkreuzt. Hat er die durch Erosion tief zerfurchte steile Schlucht verlassen, so durchzieht er einen schattigen Wald und mündet zuletzt in dem lieblichen Alpengelände von Gaflei aus. Der Weg, durchschnittlich 0.60 – 1.80 Meter breit, ist sehr gut angelegt und an etwas schwierigeren Stellen mit Drahtseilen, Geländern und Treppenstufen versehen, sodass jedermann ohne Gefährde denselben begehen kann. Die Kosten für die Wegbauten wurden von verschiedenen Seiten getragen, nämlich bei der Strecke von den Dreischwestern bis zur Kuhgratspitze (1800 m) von der Sektion Vorarlberg des D. und Ö. Alpenvereins in einem Betrag von fl. 1200, die Strecke Kuhgratspitze bis Gafleisattel (2388 m) von Herrn Ingenieur C. Schädler in Vaduz, und endlich die Strecke von Gafleisattel bis Gaflei (2158 m) von Sr. Durchlaucht dem regierenden Fürsten von und zu Liechtenstein; die Kosten der letzteren Theilstrecke belaufen sich auf mehr als 10000 Gulden.
Gegen drei Uhr langte der Zug in Gaflei an und wurde zunächst von der Vaduzer Musikkapelle empfangen. Während des Festessens wurden selbstverständlich viele Toaste gehalten. … es mag genügen zu bemerken, dass die einfache Feier einen sehr angenehmen Verlauf nahm. Auf das Essen folgte ein fröhlicher Tanz im Freien, leider mussten die fremden Gäste bald von der Höhe Abschied nehmen, um in Schaan die Züge zu erreichen, die sie nach den verschiedenen Himmelsgegenden wieder der Heimat zuführten. Die Zurückgebliebenen verlebten bei fröhlicher Unterhaltung, bei Gesang und Spiel, noch einen recht vergnügten Abend.
Es darf mit vollem Recht behauptet werden, dass dieser Weg einzig in seiner Art dasteht; die Höhenwanderung bietet einen Genuss, der unvergesslich bleibt. Besonders fesselt das lang sich hinziehende Rheinthal von Sargans bis zum Bodensee mit seinen vielen Dörfern und anmutigen Gefilden immer wieder die Blicke des Schauenden.
(E. W.)

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Liechtensteiner Volksblatt Volksblatt 27.7.1900
Vaduz. Die «Münchn. N. N.» widmen der Entwicklung des Touristenverkehrs in Vorarlberg in der Nummer vom 21. ds. Ms. einen längeren Aufsatz, in welchem es u. a. heisst: Eine der lohnendsten Touren in Bezug auf Reichhaltigkeit und leichte Ausführung ist unstreitig das «Dreischwestern-Gebiet» mit dem «Fürstensteig». Dieser hochinteressante, kühn angelegte Felsenweg wurde vor zwei Jahren zum Teil vom Deutschen und Oesterreichischen Alpenverein, zum Teil von den Liechtensteinern erbaut. Er beginnt am Hinterälpele und ist ein etwa 75 bis 100 Centimeter breiter, gut geschützter Weg, auf dem man in 1 ½ Stunden die Dreischwesternspitze erreicht. Von hier aus bietet sich dem Auge ein geradezu überwältigendes Panorama der Vorarlberger-, Tiroler- und Schweizer-Hochgebirgswelt mit ihren bläulich schimmernden Firnen; Ill- und Rheinthal mit ihren grünenden Fluren und malerisch gelegenen Dörfern, der Bodensee und das schwäbische Hügelland schliessen das farbenprächtige Bild ab, ein Bild, das schöner wahrlich nicht gedacht werden kann. Von den «Dreischwestern» (2108 m) führt der Steig über den Garsellakopf auf dem höchsten Grat zur Fürstenspitze (2124 m). Hier beginnt der Abstieg nach dem Alpenkurort Gaflei, eine bestens eingerichtete Pension mit starker Frequenz; der völlige Abstieg erfolgt dann auf einem recht angenehmen, schattigen Waldweg, auf dem man in zwei Stunden nach Vaduz, dem Hauptorte des Fürstentums Liechtenstein oder zur Bahnstation Schaan-Vaduz gelangt. Es ist dies eine leichte Tagespartie von Feldkirch und Bregenz aus. Für Touristen aus der Schweiz eignet sich besonders der Aufstieg von Vaduz nach Gaflei, weil man dort in der Frühe an der schattigen Westseite aufsteigt und am Nachmittag den Abstieg nach Feldkirch ebenfalls im Schatten unternehmen kann. Von Gaflei aus kann man die ebenfalls vielgerühmte Partie über das Sareiser-Joch ins Gamperdonathal unternehmen.

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