Die Geschichte der Tamina-Bäder

Um 1038 ist die Quelle entdeckt worden, nach der Sage von einem Jäger des Gotteshauses Carl von Hohenbalken welcher als er junge Raben ausnehmen wollte, des aufsteigenden Dampfes aus verborgenem Felsschlunde gewahr wurde, darauf an Stricken sich hinabliess, und das warme Wasser wunderbar aus Felsenritzen hervorquellen sah. Ausser dem werden noch zwei andere Klosterjäger Vils und Thouli von Vilters als Entdecker angegeben. Auch über die Zeit der Entdeckung gehen die Chroniken nicht einig; die Einen setzen sie in das Jahr 1038, andere wie Tschudi, Guler und Sprecher in das Jahr 1240 oder 1242. Für erstere Angabe sprechen aber nebst der mündlichen Überlieferung besonders der gelehrte Meister Hämmerlin (Felix Malleolus) in einem handschriftlichen Nachlasse, das die Quelle früher entdeckt, nach 200 Jahren wieder gefunden, und erst dann in Gebrauch gezogen worden sei, was auch Bucelin in seiner „Rhaetia sacra et profrana“ Ulm 1666 bestätigt. Es mag demnach wohl jeder der genannten Jäger bei der Auffindung dieses unterirdischen Schatzes seinen Antheil gehabt haben, sei es das letztere bei der Ausmittelung dieses Fundes des erstern Gehülfen gewesen, oder dass sie bei der Wiederauffindung der Quelle betheiligt waren. Denn ein Zweig der Carl, auch Carlett genannt, Vasallen des Klosters und fürstliche Jäger, wohnte in Valens, und der letzte desselben, Bartholomäus Carlett, den 12. Juni 1617 in Valens gestorben, rühmte sich, dass seine Vorfahren das Bad entdeckt haben. Vils und Thouli waren ebenfalls Dienstleute des Klosters, und dass sie sich um das Bad verdient gemacht, beweist, dass diese Geschlechter von Vilters allein badfrei gehalten wurden.

Immerhin ist die warme Quelle erst unter den Fürstabt Hugo II. von Villingen um 1242 als Bad in Anwendung gekommen; aber noch mühselig genug, indem wohl eine Gelegenheit und eine Obdach zum Baden vorhanden gewesen sein mag, aber noch kein Haus, und man mehrere Tage im Bade zu sitzen, darin zu essen und zu schlafen pflegte, weil der Zugang so äusserst schauderhaft und gefährlich war. Abt Johann II. Mendelbüren scheint zuerst in der zweiten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts, den kühnen Bau eines Badhauses vollführt zu haben, das mitten über der Tamina auf hölzernen Tragbalken ruhte, die auf beiden Seiten in die Felsenwände eingesenkt und befestigt wurden, wo der Heilquell unmittelbar dem lebenden Felsen entfliesst. Hat wohl je eine menschliche Wohnung über einen so schrecklichen Abgrunde geschwebt? Mitten zwischen zwei zerrissenen Felsenwänden, über hundert Fuss hoch, am weitesten nicht fünfzig Schritte von einander getrennt, tobt unter den Füssen ein wüthender Strom, über dem Haupte drohen Felsenblöcke und herüberhangende Waldbäume, nach Süden und Norden die gräulichen Wände noch geschlossener, so dass kaum eine Spanne des Himmels sichtbar, und die Sonne am hohen Mittag kärglich wenige Strahlen sendet! Der Zugang allein war schon abschreckend, da man theils an hängenden Leitern, theils an Stricken und den der mit Schwindel behaftet war, mit verbundenen Augen an einem Sessel befestigt hinablassen musste. Wahrlich einen kräftigern Beweis von der ausgezeichneten Heilkraft der Quelle kann es wohl nicht geben, als dass sie ungeachtet aller dieser Hindernisse in der Nähe und Ferne in immer grössern Ruf kam.

Nach einer Urkunde von 1382 hat derselbe Abt das Bad den Brüdern Joh. und Walter Camaurizi in Valens auf zehn Jahre zu Lehen gegeben für den jährlichen halben Zins von 6 fl. der fernern Bedingung noch Einiges an Gebäuden auszuführen und die Personen des Klosters unentgeltlich aufzunehmen. Bei stärkerm Andrang der Gäste entstanden theils von den Pächtern, theils von Privaten einige kleine Häuser im Badtobel am Wege nach Valens. Ein anderer Grund, warum ausser der schwierigen Lokalität nicht mehr für zweckmässige Einrichtung des Bades geschehen, wird aus dem fortwährenden Zwist mit dem Schirmvögten hergeleitet, die auch am Bade ihre Rechte behaupteten und seit 1330 den halben Zins bezogen haben, bis 1396 Graf Johann von Werdenberg bei erfolgtem Auskauf der Advocatie auch seine Ansprüche am Bade zu seinem und seiner Voreltern und Nachkommen Seelenheil in einer eigenen Urkunde abtrat.

Nach diesem baute Abt Werner IV. von Reitnau im Jahr 1420 ein neues Badhaus, liess den Weg etwas zugänglicher machen und löste nach und nach die gegebenen Badlehen wieder ein. 1429 wurde es von Joh. Andreas in Ragaz zurückgezogen, 1472 wiederholt Graf Jörg von Werdenberg, Herr zu Sargans und Ortenstein, wörtlich die obige Abtretung seines Grossvaters; 1482 urkunden die Carletten „vnserm gnedigen Herren Abten zu kofen geben habent vnser aigne Hüser, so wir hand in Pfävers im Tobel, namlich vnd des erstern vnser Hus auf der Brugt, das wir an vnser Aenis des alten Carlis Hus gebuwen habend für vnser recht ledig aigen gut vnd insonder och an demselben vorgenannten vnsers Aenis Hus.“ Ebenso giebt 1491 Matthias Cardell, Kaplan, „sin Hustheil im Bad im Tobel, das unter Hans Mosers Hus überm Bach gät,“ und Mosers Haus wurde 1497 durch Obmannsspruch mit 180 fl. Rheinisch ausgelöst.

Eine bedeutende Verbesserung traf Abt Joh. Jacob Russinger, indem er 1543 mit grossen Kosten eine hölzerne Brücke an der südöstlichen Felswand anbringen liess. Sie ruhte auf acht schuhlangen eichenen und lärchenen Pfählen in die Felsen getrieben, war schwebend an der Felswand bei 140 Fuss über der Tamina, bei dritthalbhundert Fuss lang, für zwei bewaffnete Männer breit, mit einer Geländer versehen, und durch ein Thor verschlossen; dann theilte sie sich in zwei Arme, der eine ging nach der Valenserseite, der andere endete an der Felsentreppe nach der Höhe von Pfäfers. Der Zugang war nun nicht mehr gefährlich, wird aber des Abgrundes wegen, über dem wandelte, als so schauderhaft geschildert, dass Keiner das erstemal ohne Herzklopfen und Zittern im Bade angekommen sei. Der Badgebäude waren um diese Zeit zwei, die nach den zwei Armen des Heilquells fast übereinander gebaut waren, und von einer Felswand zur andern auf Querbalken ruhten; das untere enthielt drei, und das obere fünf Stockwerke mit vielen Zimmern und drei grossen Bädern. In einem ausgehöhlten Felsen zunächst der hölzernen Brücke war eine Kapelle – früher ein Weingewölbe – angebracht mit einem Glöckchen, das dem Abgehenden geläutet wurde, der nicht ohne daselbst Gott gedankt zu haben das Bad verlassen mochte. Ein Wasserfall, in dessen Staube die Mittagssonne einen schönen Regenbogen bildet, war der einzige liebliche Augenreiz, den die alten Sänger der Nymphe nebst der schauerlichen Lage vielfach besungen haben.

Beinahe ein Jahrhundert finden wir keine erheblichen Notizen über das Bad, es wurde vom Kloster vernachlässigt, so wie es selbst seit der Reformation durch meistens schlechte Verwalter wiederholt unter fremde Administration gestellt werden musste. Nachdem die alten auf Querbalken ruhenden Häuser durch den fortwährend auflösenden Thermaldunst baufällig geworden, im Winter 1627 das obere Haus durch abgelöste Eismassen und Felsentrümmer stark beschädigt, das untere Haus am 5. Dezember 1629, als es zur Zeit der Pest auch im Winter bewohnt war, durch Unvorsichtigkeit der Bewohner abbrannte, und die Reste dieser mit vieler Mühe unterhaltenen Gebäude bald nachher durch herabfallende Felsblöcke vollends in die Tamina gestürzt worden; fasste der wackere Prälat Jodocus Höslin den grossen Entschluss, die Quelle an den sichern und geräumigen Ort, wo heute noch die Badgebäude stehen, hinzuleiten, und vollführte denselben eben so schnell mit ungewöhnlichen Kosten. Ein sechzigjähriger Mann, Johann Mader von Pläs aus der Gemeinde Pfäfers, durchsuchte zuerst den Schlund und rieth an den jetzigen Ort das Badhaus zu erbauen, und Johann Risch, damaliger Badmeister, durchwatete 1628 im December, zu welcher Zeit die Tamina am kleinsten ist, mit Lebensgefahr auf Stelzen das gesamte Bett derselben von der Quelle abwärts bis an die Stelle wo der Schlund sich öffnet, 1680 Schritte längs der Tamina. Johann Zeller aus dem Algäu, ein berühmter Baumeister, übernahm für tausend Zürchergulden die gefährliche Wasserleitung von der Quelle bis an den bestimmten Ort zu vollführen. In fünf Monaten waren alle Löcher in die Felsenwand rechts der Tamina getrieben, die hölzernen Kanäle gelegt, und die Brücke vollendet; am Pfingstfest 1630 floss das warme Wasser in den neuen Kanälen in Anwesenheit einer grossen Volksmenge unter Anstimmung der Worte des Palmisten: „Flavit spiritus sanctus et fluerunt acquae.“ – Schnell wurde nun auf dem verebneten Platze ein grosses Gebäude aufgeführt und in zwei Abtheilungen, wovon jede fünfzig Zimmer und siebenzig Betten enthielt, das ganze Badgewölbe sehr geräumig und in mehrere gemeinsame Bäder geschieden und von zwei Wirthen besorgt. Jodocus gab dem Bade noch Gesetze und ein während der Badezeit hier wohnender Arzt leitete von nun an die Curen.

Unter dem verschwenderischen Abt Justus Zink von Flums wurde das Bad, nachdem es von 1658 bis 1661 jährliche reine Einnahme 1404 fl. 24 kr. ergeben hatte, 1662 auf drei Jahre an die Gebrüder Heinrich und Johann Good in Mels in Pacht gegeben, für den jährlichen Zins von 1800 fl. und den Bedingungen, dass die Klosterleute badfrei gehalten und Wein und Wildpret vom Kloster bezogen werden.

Den 11. März 1680 stürzten nach anhaltenden Thauwetter schon länger drohende Felsenstücke mit grossen Eis- und Schneemassen über die Quelle und verschütteten dieselbe der Art, dass auch nicht eine Spur des Thermalwassers mehr zu finden war. Im Convent zu Pfäfers wurde ernstliche Berathung gepflogen, ob man die Quelle wieder hervorsuchen oder den ungeheuren Schutt preisgeben wolle; die Sache wurde zum Besten der leidenden Menschheit entschieden. Gegen Ende desselben Monats arbeiteten so viele Männer im Tobel als Raum für sie war, die grossen Felsblöcke zu sprengen und den Schutt wegzuräumen. Am ersten Mai Abends fanden sie noch ganz unerwartet die Quelle, die dann durch den noch bestehenden in Felsen gehauenen Behälter gesichert wurde. – Eine nicht minder wichtige Berathung hatte 1700 statt. Als nemlich Jodocus Gebäude nicht mehr gross genug, unter der früheren Verwaltung in Abgang gekommen und neu erstellt werden sollten, erhob sich die Ansicht im Kloster, die Quelle weiter hinaus zu leiten an den Schwattenfall, die Hälfte Weges zwischen Bad Pfäfers und Ragaz und daselbst die neuen Gebäude auszuführen. Capitular Joseph Zumbrunnen verfocht mit Wärme diesen Plan wie ihn schon vor Jahren die Badeärzte Zimmermann und Reydt empfohlen hatten. Diese Idee drang aber nicht durch, die grössere Verwirklichung sollte einer spätern Zeit vorbehalten sein. Dafür legte Abt Bonifacius I. Tschupp 1704 den Grund zu den noch dauerhaft dastehenden Badgebäuden, die, wenn auch in klösterlichem Stil, doch so ausgeführt worden, wie aus damaliger Zeit wenige Badanstalten Grösseres aufzuweisen haben.

Wie man häufig nach grossen Anstrengungen die Hände in den Schooss legt, nur zu leicht nach einer grossen Anlage vergisst, das Werk zu unterhalten und fortzuführen, so wurde auch für das Bad, nachdem dessen Nachfolger Bonifacius II. zur Gilgen 1716 den Bau vollendet, ein volles Jahrhundert wieder wenig geleistet. Bonifacius III. Pfister von Tuggen liess zur Sicherung der Wasserleitung den Gang zur Quelle tiefer in den Felsen einsprengen, und im grossen Badhaus den Saal aufführen, damals zum Gottesdienst der Reformirten bestimmt. Die angehäufte Casse des Abtes Benedict Borler, der nur zu sammeln wusste, hatte die Revolutionszeit geleert, während welcher das Bad durch die Nationalverwaltung ein Jahr für 300 fl. verpachtet wurde. Wenn auch unser Bad im vorigen Jahrhundert das Loos vieler ähnlichen Anstalten theilte, so blieb es im Anfang des neunzehnten Jahrhunderts um so auffallender zurück, als man anderwärts den Anforderungen der neuern Zeit zu entsprechen suchte und hier so viel wie nichts geschah, bis der letzte Abt des Klosters sich wieder durch vorzügliche Leistungen in der Badanstalt rühmlich auszeichnete und sich würdig an die ersten Beförderer der Anstalt, an Johann von Mendelbüren, Jodocus Höslin und Bonifacius Tschupp anreiht.

Abt Placidus Pfister verwendete während seines neunzehnjährigen Vorstandes jährlich einen bedeutenden Theil seiner Einnahmen zur Wiederherstellung und Verbesserung der Badanstalt. 1819 wurde bei drohendem Mangel an Thermalwasser an der Quelle ein Pumpwerk errichtet, wodurch die untere nicht benutzte Quelle der obern in Zeiten des Bedürfnisses zugeführt werden konnte, was inzwischen nie nöthig geworden ist. Jährlich ward eine Summe für Bettzeug und Mobiliar verwendet und noch bedarf es derselben bedeutend um die immer höher gestellten Ansprüche der heutigen Bedürfnisse zu befriedigen. 1821 wurde die gegenwärtige Armenanstalt gegründet. In einer Reihe von Jahren wurden im Innern der Gebäude solche Veränderungen und Erweiterungen vorgenommen, dass man sie nicht mehr für dieselben erkennen würde, sie haben eine ganz andere Gestalt gewonnen; beide Häuser wurden um ein Stockwerk erhöht, dadurch um 46 Zimmer vermehrt; zudem wurden im grossen Hause vermittelst Versetzung des Ganges im fünften Stockwerk 9, und im kleinen Haus im vierten und fünften Stockwerk durch Versetzung der Gänge in die Mitte 16 Zimmer gewonnen. Zwischen beiden Häusern wurde ein neues Gebäude aufgeführt mit 6 Separatbädern, einer Wirthsstube und 4 Zimmern. Ferner wurde ein Douchebad errichtet, der geräumige Trinksaal und Speisesaal ganz neu erbaut, vor dem Hause die grossen Terrassen erstellt. In den letzten Jahren des Klosters war lebhaft die Anlegung eines bessern Weges entweder über das Kloster oder längs der Tamina nach Ragaz besprochen und bereits wurden Pläne und Voranschläge von Ingenieurs aufgenommen. Unter der weltlichen Verwaltung verlangte der katholische Administrationsrath ein Gutachten durch den Administrator und Badbeamte über zeit- und zweckmässigere Bad- und Wirthschaftseinrichtung, das insbesondere den Antrag auf Erbauung einer Strasse längs der Tamina nach Ragaz stellte, bei welchem Anlasse auch die Herausleitung der Quelle nach Ragaz berathen, aber bei den gegebenen Verhältnissen noch nicht zulässig erachtet wurde. Die Ausführung verzögerte sich bei bevorstehender Auflösung des Klosters, und mit dem Grund, denn auch bei aller Anerkennung was das Kloster je zuweilen Grosses für das Bad gethan – die grossartige Ausführung dieses Planes, wie wir gleich sehen werden, wäre nicht im Bereiche der Klosterverhältnisse gelegen.

Durch die Säcularisation des Klosters am 20. Februar 1838 wurde die Heilquelle als unveräusserliches Staatsgut erklärt, und der Ertrag, nächst der Unterhaltung und Aeufnung der Anstalt, zu milden und frommen Zwecken, vorzugsweise für Bildungsanstalten bestimmt. Am Schlusse der Saison 1838 hat eine von der Regierung ernannte Badcommission unter Vorsitz des Landammann Näff in sanitarischer, technischer und wirthschaftlicher Beziehung die bestmögliche Benutzung der Heilquelle an Ort und Stelle in allseitige Berathung gezogen, sie hat, zunächst auf die Wahrscheinlichkeitsberechnung hin: dass die Quelle bei ihrem Ursprung eine Temperatur von + 29 ¾ ° R., nach fast viertelstündiger Leitung auf dem Trinksaal noch + 29 ½ ° R. habe, und in Vergleichung einer ähnlichen Wasserleitung von Gastein nach Hof Gastein, wo das Thermalwasser bei einer Temperatur von + 36 ° R. auf einer Strecke Weges von 2 ¼ Stunden durchschnittlich drei bis vier Grade verliere, also das Pfäferswasser durch eine ¾stündige Leitung, auch mit Verlust von 1 ½ – 2 Graden, noch immer mit einer Temperatur von + 27 bis + 28 ° R. in Ragaz fliessen würde – den folgereichen Antrag gestellt, Thermalwasser nach Hof Ragaz zu leiten und daselbst eine neue Anstalt zu gründen. Zu diesem Zwecke und zur Förderung beider Anstalten sollte vorher von Ragaz bis ins Bad Pfäfers längs der Tamina ein Fahrweg erstellt werden, sowohl zum bessern Zugang in das Bad Pfäfers als Behufs der Herausleitung des Thermalwassers nach Ragaz. Beide Pläne sollten beförderlich, und zwar die Kunststrasse bis Frühling 1839 und die Wasserleitung bis Frühling 1840 ausgeführt und damit zugleich die weitern erforderlichen Einrichtungen getroffen werden, und zwar zu Pfäfers: eine Terrasse beim neuen Eingang und entsprechende Empfangszimmer, ferner Erweiterung der Wirthsstube für die zweite Tafel, fünf neue Bäder, sechs Gastzimmer mit entsprechendem Mobiliar u.s.w. – zu Hof Ragaz soll das neue Statthaltereigebäude zu einem Gasthaus umgeschaffen und vorläufig mit sechs Bädern versehen werden. Endlich wurde, zumal bei vorhabendem Bau, die Selbstverwaltung beider Anstalten durch den Staat der Verpachtung vorgezogen und beantragt.

Auf den einlässlichen Bericht des Kleinen Rathes genehmigte der Grosse Rath in der Novembersitzung diese Anträge. Im Winter 1838/39 wurde durch Ingenieur Adolph Näff auf überraschende Weise die ebenso bequeme als an Gebirgsscenen interessante Kunststrasse erbaut und im Sommer 1839 kam man zu Fuss oder in kleinen Chaischen auf den 7/8 Stund langen Weg längs der Tamina nach dem Bade, wo man bisher nur auf einem zwei Stunden weiten mühsamen Bergpfade über Valens oder über die Felsentreppe von Pfäfers dahin gelangen konnte. Ebenso eifrig wurde im folgenden Winter durch den Strasseninspektor Hartmann die Wasserleitung mittelst hölzerner Deuchel längs dem neuen Fahrwege nach Hof Ragaz vollführt. Am 31. Mai 1840 wurde die neue Badanstalt in Hof Ragaz feierlich eröffnet. Nicht nur aus der Umgegend, auch aus den benachbarten Kantonen oder weiter strömten Volksschaaren und Freunde des seltenen Festes herbei. Unter Glockengeläut und Freudenschüssen wurde das Hervorsprudeln der warmen Quelle auf offenem Platze vor dem Gasthof begrüsst. Mehre Festreden feierten an gleicher Stelle die hohe Bedeutung des Tages. Nach gemeinschaftlichem Mittagsmahl und schon früher begann die Wanderung auf dem neuen Badweg neben der Wasserleitung nach dem Bade und dem Gang zur Quelle, wo die Marmorgrotte mit bengalischem Feuer schauerlich schön beleuchtet war. Das frohe Volksfest schloss den Abend mit Feuerwerk in Ragaz, Beleuchtung der Burgruinen Wartenstein und Freudenberg, Freudenfeuer auf dem Pizalon, dem Gonzen und am Falknis. Am folgenden Tag gaben Experten den amtlichen Bericht: Die Temperatur, bei + 13 ° R. der Atmosphäre an der Hauptquelle + 29 ¾ ° R., an der untern Quelle + 30 ¼ ° R., auf dem Trinksaal in Pfäfers + 29 ½ ° R., in Hof Ragaz genau + 27 ¾ ° R.

Bei einer noch vollkommnern Wasserleitung und der projektirten Zuführung der untern Quelle kann man die Temperatur des Wassers + 28 ° R. in Ragaz als stationär annehmen. Die Geschwindigkeit womit das Wasser von der Quelle bis ins Bad Pfäfers in einer Strecke von 1506 Fuss bei 18 Fuss Fall fliesst, giebt nach einem Versuch mit Kohle ein Zeitmass von 6 ¾ Minuten, vom Bade Pfäfers bis Hof Ragaz, eine Strecke von 12506 Fuss bei einem Gefälle von 544 Fuss nach einem Versuch mit gepulvertem Sandelholz, 43 Minuten. Die Quantität des Thermalwassers liefert aus der Hauptquelle in einer Minute 1425 neue Schweizermass, davon fliessen 855 in die Bäder von Pfäfers, 570 Mass nach Hof Ragaz; zudem fliessen 373 Mass der untern Quelle noch unbenützt in die Tamina.

Die neue Schöpfung ist somit über Erwartung gelungen; die junge Anstalt in Ragaz wird zu einem schönen grossartigen Curort erblühen! Es mag nun in Erfüllung gehen, was der alte Felix Hämmerlin vor mehr als 400 Jahren prophetisch ausgesprochen: wenn die Quelle in der weiten Ebene fliessen würde, zweitausend Menschen zumal baden könnten.

… So wie man um den Bogen herum, bei der letzten Ruhebank angelangt ist, stellen sich die Badhäuser dem neugierigen Blicke in eigenthümlicher pittoresker Lage dar. Östlich erhebt sich die Felswand scheinbar senkrecht, doch ziemlich zurückgezogen, in einer Höhe von 607 4/10 frz. Fuss vom Flussbett bis zum Krahn, einem auf den Felsen vorstehenden Hüttchen, von wo früher die Viktualien und andere Transportmittel an einem Flaschenzug in die Badgebäude herabgelassen wurden. …

(Quelle: Die Heilquelle zu Pfäfers und Hof Ragaz sammt Umgebungen
Dr. A. Kaiser, Verlag von Scheitlin und Zollikofer 1843)

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