Das so berühmte Pfeffers-Bad

Inhalt der Erd-Beschreibung der Landvogtey Sargans
Von Mineral-Wassern und Heil-Bädern ist in dieser Landschaft merkwürdig:

Das so berühmte Pfeffers-Bad. Diese von Natur warme Quelle entspringt hinter dem Fürstlichen Kloster Pfeffers, in einer stündigen Entfernung zwischen Mittag und Abend, in einem grässlichen und tief ausgehölten Tobel, etwa 1 ½ Stunden von dem Rhein, unter einem schreklich überhangenden Felsen. … Die eigentlichen Quellen entspringen in einem Tobel zur rechten Seite des Tamina-Bachs gegen Morgen an verschiedenen Orten aus harten Felsen-Klüften, sonderlich aus den harten Felsen-Rumfen oder Gruben, welche man wegen ihrer Form den Kessel nennt, in so grosser Menge, dass das Wasser zur Treibung eines Müllen-Rads mehr als hinlänglich seyn würde. Die Menge des Wassers könnte noch grösser seyn, wenn man die andern ebenfalls warmen Quellen, welche an verschiedenen Orten in dem grässlichen Tobel herunterquellen, zusammenleiten würde.

Anfänglich gebrauchte man das Bad-Wasser an dem Ort der Quelle, oder in einer sehr tiefen Höle zwischen zween sehr scheusslichen Felsen. Einer derselben war wie ein Gewölb eingebogen; lenkte sich auch gegen dem vorüberstehenden dergestalt, dass oben in der Höhe eine Oeffnung entstuhnde, durch welche in dem höchsten Sommer bey Mittag die Sonne etwa eine Stunde lang ihre Stralen herunterfallen lassen konnte. Die Badenden steurten sich mit den Füssen an den so genannten Kessel oder die Haupt-Quelle, in welchem das Wasser bis auf eine völlige Manns-Höhe stiege; sie war mit einem hölzernen Gitter verwahrt, damit niemand darin sinke. In der Entfernung von einigen Schritten, ob dem Kessel, entspringt eine andere warme Quelle; man nannte sie das Herren-Bad; sie wurde ebenfalls in den Kessel geleitet. Gegen Aufgang an der Tamin, auf der Felsen-Höle, kömmt noch eine andere Quelle von warmem Wasser hervor, welche der Gumpen genennt wird. Der Raum, nächst den Quellen, war anfangs überaus eng. Durch Herunterstürzung einiger überhängender Felsen wurde zwar eine Weite von etwa 50 Schritten gewonnen, so dass daselbst für die Bad-Gäste etwa drey bis vier elende Hüttgen angelegt wurden. Weil aber der Zugang zu diesem grässlichen, alles Sonnen-Lichts beraubten Ort, überaus mühsam und beschwerlich war, da man vermittelst Striken und Leitern über Felsen-Wände hinunter in die Höle gelangen musste; weil man auch, wenn man endlich den hässlichen Ort mit äusserster Lebens-Gefahr erreicht hatte, immer in Sorgen stehen musste, von den überhängenden Felsen zerschmettert, von dem förchterlich vorbeyrauschenden Tamin-Bach, der öfters wütend austrat, weggeschwemmt zu werden; die Bad-Hüttgen auch mehrmalen von herabgerollten Steinen, Rüffenen, Bäumen, – – zu Boden gequetscht wurden; so zwang dieses die Kranken, an diesem wilden und aller Sonnen-Stralen mangelnden Ort eine übereilte Cur zu machen; die meisten aber liessen sich von der Besuchung dieses sonst heilsamen Bads abschreken. Diesem schrekbaren Zugang in das Bad wurde erst Ao. 1543 in etwas abgeholfen: Man hieng in die Felsen eine starke Brücke, welche an den Seiten mit Brust-Lehnen befestigt war; weil sie aber nur hölzern war, konnte sie in diesem feuchten Abgrund nicht lange dauern. Man entschloss sich also, das Wasser etwa 600 Schritte von der Quelle durch verschlossene Canäle in ein gelegeners und minder gefährlichers Ort zu leiten. Dieses wurde Ao. 1630 ausgeführt, ungefehr an eben demjenigen Ort, wo noch dermalen das Bad-Haus steht, nemlich zwischen stozigen Felsen, an einer Bergwand, an und über den wilden Tamin-Bach. Das neue Bad-Gebäude, welches in dem Anfang dieses Jahrhunderts aufgeführt worden, ist gar lang, aber schmal, 4 Etages hoch. Es ist so wol eingerichtet, dass gegen 200 Personen darin Herberg finden können; allein um dasselbe herum ist nicht der mindeste Raum etwa zu einem Spazier-Gang. Auf dem obersten Boden ist den Evangelischen Bad-Gästen zu Haltung ihres Gottesdiensts ein Ort angewiesen; die von der Römischen Kirche können in einer besondern Capell den Gottesdienst besuchen. Das Bad wird von Fremden und Heimschen in dem Brachmonat, Heumonat und Augstmonat, zahlreich besucht. Man bedient sich des Wassers um zu baden, doch noch mehr um zu trinken. Die Bäder sind desnahen nicht gar zahlreich; das Wasser aber wird in die ganze Eidgenossschaft, Teutschland, Italien und Frankreich, in gröster Menge abgeführt. Das Bad selbst, mit allen seinen Gebäuden und Zugehörden, ist ein Eigenthum des Klosters Pfeffers; es lässt auch in dem Bad-Haus die Wirthschaft durch einen eigenen Amtmann besorgen. Die Nuzmessung, welche ihm von den Gästen und dem in die Ferne abgehenden Wasser zufliesst, ist überaus wichtig. Ungeachtet die Natur in dieser schrekhaften Höle nicht das Mindeste zum Unterhalt des Menschen (das Wasser allein ausgenommen) hervorbringt, so ist doch die Wirthschaft nicht nur zur Nothdurft, sondern auch zur Sättigung der Wollust immer wol bestellt; und dieses ohne übermässige Unkosten. Obgleich auch der Ort, wo dermalen das Bad-Haus steht, bey weitem nicht so grässlich ist, als der ehemalige Aufenthalt bey der Quelle, so würden doch Uebelthäter, denen das Leben abgekennt ist, Gnade verdienen, wenn sie gezwungen wären, sich allhier ein Viertel-Jahr aufzuhalten; nur die Hoffnung, zur Gesundheit (vermittelst der grossen Heil-Kräfte des Wassers) wieder zu gelangen, können einem elenden Kranken den Aufenthalt alldort erträglich machen. Sieht man von der Höhe des Bergs, von der Seite des Klosters, auf das in der grässlichen Kluft stehende Bad-Haus hinunter, so stellt es sich dem Auge nicht anders als wie ein langer Kasten dar.

Das Wasser dieses berühmten Bads ist unfärbig, ohne den mindesten Geschmak oder Geruch, Crystall-lauter, gleich dem reinsten Berg-Wasser, auch eben so leicht als das Regen- und Berg-Wasser. Jedermann trinkt dasselbe bey der Quelle mit gröstem Appetit, der sich, je mehr man davon geniesst, vermehrt; es ist ganz frey von schwefelichten, salzichten und andern Theilgen, welche den einen mehr als den andern könnten angreiffen. Man beobachtet ferner keine Veränderung aus Anschüttung flüssiger oder trokner Sachen, als des Scheid-Wassers, distillierten Essigs, Vitriol-Salarmoniak-Geists, Violen-Erbselen-Safts; auch alsdann nicht, wann sie einen oder mehrere Tage mit dem Quell-Wasser vermischt bleiben. Da sich auch bey andern von Natur warmen Bädern Schwefel-Blumen in die Höhe ziehen, oder sich auf dem Wasser eine weisse oder gelbe Haut zeiget, welche sich abnehmen und troknen lässt, auch an den Wasser-Behältern und Teucheln sich ein Bad- oder Tug-Stein anhängt, in den Gefässen aber sich eine gelbe oder weisse Erde ansezt, – – so gewahret man von allem diesem nicht das Mindeste bey diesem Wasser.

Seine Würkungen sind also, so wol bey dem Baden als Trinken, der Gesundheit überaus zuträglich; indem es wegen seiner Reinigkeit und Flüchtigkeit alle Eingeweide, auch selbst die allerkleinsten Aederchen durchdringt, die anklebenden irrdischen und schleimichten Theile auflösst und ausführt; also die Verstopfungen, die Quelle der meisten und schmerzhaftesten Krankheiten hebet, die schädlichen Säfte des Cörpers theils durch einen sanften Schweiss, theils durch den Harn abtreibt. Anfänglich verursacht es zwar Mattigkeit der Glieder, auch bisweilen andere weit aussehende und gefährliche Zufälle; geht aber die Cur zu Ende, so zeigt sich erst dann die Würkung des Wassers, in gänzlicher Ermunterung der Kräfte des Cörpers und des Geistes. Was auch die innere Trink-Cur von denen der Gesundheit schädlichen Feuchtigkeiten nicht gänzlich auflösst, das wird gewöhnlich durch die äussere Bad-Cur erreicht. Sehr viele Arten von Krankheiten, als Haupt-Schmerzen, Lähmungen vom Schlag, Schwindel, Fallende Sucht, Abnahm des Gedächtnisses, des Gesichts, Gehörs, der Verstopfung des Milzes, der Nerven, gichtersche Zufälle, alte Schäden und Verwundungen, Fieber, Gläich-Sucht, Podagra, Blasen und Nieren-Stein, – – haben durch den Gebrauch des Wassers zu Pfeffers können gehoben werden. …

Als man Ao. 1704 zu dem dermaligen Bad-Haus einige Marmor-harte Felsen allernächst bey dem Plaz selbst sprengte, entdekte man in den Zwischen-Spälten kleine Crystallen, desgleichen Muschel-Steine, nebst dem so genannten Kümmich-Stein oder Lapis frumentalis.

Zwischen Pfeffers und dem Dorf Valens befinden sich an dem Weg, der nach dem Bad führt, graue, dürre, brüchige Schiefer-Steine. Ob Valens aber, gegen dem Grauen Horen, eine andere schwarze, aber härtere Art Schiefer-Steine; sie gleichen fast überall den so bekannten Glarner-Tafel- oder Schiefer-Steinen.

Bey und in der Bad-Quelle zeigt sich eine gelb-rothe subtile Erde; man bedient sich derselben nüzlich zu Auftroknung flüssiger Schäden.

Nahe bey dem alten Bad-Hause, welches bald nach Erbauung des neuen von herabgestürzten Felsen zerschmettert wurde, quolle aus einem Felsen ein kalter Brunn heraus, dessen Wasser einen anziehenden Kupfer- und Eisen-Geschmak hatte. Man gab ihm (seinem Entdeker, einem Freyherrn König, zu Ehren) den Namen des Königs-Brunnens. Dermalen aber ist derselbe ebenfalls verschüttet.

(Quelle: Johann Conrad Fäsi: Genaue und vollständige Staats- und Erd-Beschreibung der ganzen helvetischen Eidgenossenschaft, derselben gemeinen Herrschaften und zugewandten Orten. Zürich, 1765-1768)

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