Sektion Toggenburg. Ein grosses Ereignis drückt Ihrem gelegentlichen Berichterstatter die Feder in die Hand: Unsere erste Sektionstour mit Damen.
Ziel: Tanzboden, 1445m am Fusse des Speer. Neun Männlein und acht Weiblein folgten unserm Rufe.
Für die verwöhnten Leser der Alpina biete der Aufstieg keinen Anlass zur Schilderung. Wie dankbar werden die noch nicht sehr zahlreichen Kinder der lieblichen Flora von uns grossen Kindern gepflückt! Der Frühlings-Enzian, die entzückende Gentiana acaulis, die graziösen Glöcklein der Soldanella alpina. Und was noch nicht blüht, nehmen wir als Knospe, und ganze Büschel von Alpenrosen werden unsere Beute.
Nach dreistündigem bequemem Marsche sind wir oben. Aussicht ungünstig. So kommt doch keiner in Verlegenheit bei wissbegierigen Begleiterinnen. Nach langem Suchen, das unserer Proviantkolonne die Galle erregt, lagern wir uns in einem windgeschützten Amphitheäterchen, vor uns die breite Pyramide des Speer, flankiert von Glärnisch, zu Füssen seitab den obern Zürichsee. Es beginnt ein lebhafter Tauschhandel in Mundvorräten. Schnell fliehen die Stunden mit Murmeltier, photographischen Aufnahmen, Schneeballenschlacht und andern Produktionen. Es kommt uns Zuzug aus Lichtensteig, gerade recht, um mit uns aufzubrechen.
Rasch geht’s thalwärts, wartet unser ja der zweite Tanzboden, der seines Namens eher würdig ist. Dort hören wir auch ein schönes Lied mit der gesunden Moral, ein Clubist solle sich unterwegs nicht verlieben. Nur schade, dass sie erst jetzt kommt; denn wer hätte nicht Feuer gefangen! Wir Bergsteiger haben ja ein empfängliches Herz für Naturschönheiten, und dazu werden auch unsere anmutigen Clubistinnen gehören, die wir diesen Sommer noch auf den Säntis zu geleiten hoffen.
Die Poesie der nun folgenden Nachtwanderung findet Ausdruck im Gesang. Bruchstücke von Liedern in fremden Zungen schweben auf unsern Lippen, getragen von der Erinnerung an entflohene Stunden und verweht vom Abendhauch …
(Quelle: Alpina 1896)